Datenschutzrechtliche Verstöße von Arbeitnehmern und fristlose Kündigung

Eine gezielte Durchsuchung eines Dienstcomputers nach privater Korrespondenz eines Arbeitskollegen sowie deren Sicherung und Weitergabe an Dritte kann „an sich“ einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen. Das entschied im April dieses Jahres das Arbeitsgericht Aachen (Urteil vom 22.04.2021 – Az. 8 Ca 3432/20).

In dem zur Entscheidung stehenden Fall war die Klägerin als Küsterin zusätzlich mit Verwaltungsarbeiten betraut und auf dem Dienstcomputer des Gemeindepastors auf eine E-Mail gestoßen, in der dieser auf ein gegen ihn eingeleitetes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft hingewiesen wurde. Die Klägerin nahm diese Mail zum Anlass, den Dienstcomputer nach Hinweisen für eine Straftat zu durchsuchen und stieß dabei auf einen privaten Chatverlauf des Pastors. Diesen speicherte sie auf einem USB-Stick und gab ihn an die Staatsanwaltschaft und eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Kirchengemeinde weiter. Die Kirchengemeinde kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit der Küsterin fristlos.

Das Arbeitsgericht Aachen stellte fest, dass die Klägerin mit ihrem Vorgehen ihre arbeitsvertraglichen Schutz- und Rücksichtnahmepflichten verletzt hat. Rechtswidrige Datenverarbeitungen des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis, die mit Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts etwa von Arbeitskollegen einhergehen, können dazu geeignet sein, bei entsprechender Schwere des Verstoßes „an sich“ einen wichtigen Grund für den Ausspruch einer Kündigung auszumachen. Der Zugriff auf den Dienstcomputer verstoße gegen die datenschutzrechtliche Bestimmung des § 26 Abs. 1 BDSG zur Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses und habe das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Pastors verletzt. Die anschließende Weitergabe der so gewonnenen Informationen habe diesen Verstoß noch vertieft.

Dennoch sah das Gericht die Kündigung als unwirksam an. In Anbetracht der auch moralisch nachvollziehbaren Beweggründe der Klägerin, des nicht übermäßig gravierenden Eingriffs in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und des seit 23 Jahren beanstandungsfrei bestehenden Arbeitsverhältnisses sei eine fristlose Kündigung in diesem Fall unverhältnismäßig.

Auch wenn die Kündigungsschutzklage der Klägerin damit im Ergebnis erfolgreich war, stellte das Arbeitsgericht Aachen klar, dass datenschutzrechtliche Verstöße gegenüber Arbeitskollegen nicht sanktionslos hingenommen werden müssen und im Einzelfall auch eine fristlose Kündigung rechtfertigen können.

Thomas Haschert, Mag. iur., Geschäftsführer und Rechtsreferendarin Janina Barg