Kapitel III, Externe Meldungen und Folgemaßnahmen (Art. 10 - 14)

Artikel 10 - Meldung über externe Meldekanäle

Unbeschadet des Artikels 15 Absatz 1 Buchstabe b melden Hinweisgeber Informationen über Verstöße unter Nutzung der Kanäle und Verfahren gemäß den Artikeln 11 und 12, nachdem sie zuerst über interne Meldekanäle Meldung erstattet haben, oder indem sie direkt über externe Meldekanäle Meldung erstatten.

Artikel 11 - Pflicht zur Einrichtung externer Meldekanäle und Ergreifung von Folgemaßnahmen nach Meldungen

(1)   Die Mitgliedstaaten benennen die zuständigen Behörden, die befugt sind, Meldungen entgegenzunehmen, Rückmeldung dazu zu geben und entsprechende Folgemaßnahmen zu ergreifen, und statten diese Behörden mit angemessenen Ressourcen aus.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden

a) unabhängige und autonome externe Meldekanäle für die Entgegennahme und Bearbeitung von Informationen über Verstöße einrichten;

b) den Eingang der Meldungen umgehend, und in jedem Fall innerhalb von sieben Tagen nach dem Eingang der Meldung, bestätigen, sofern der Hinweisgeber sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen oder die zuständige Behörde hinreichenden Grund zu der Annahme hat, dass die Bestätigung des Eingangs der Meldung den Schutz der Identität des Hinweisgebers beeinträchtigen würde;

c) ordnungsgemäße Folgemaßnahmen zu den Meldungen ergreifen;

d) Hinweisgebern binnen eines angemessenen Zeitrahmens von maximal drei Monaten, bzw. sechs Monaten in hinreichend begründeten Fällen, Rückmeldung erstatten.

e) dem Hinweisgeber das abschließende Ergebnis von durch die Meldung ausgelösten Untersuchungen nach den im nationalen Recht vorgesehenen Verfahren mitteilen;

f) die in der Meldung enthaltenen Informationen rechtzeitig an die jeweils zuständigen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zur weiteren Untersuchung weiterleiten, sofern diese Möglichkeit nach dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht besteht.

(3)   Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die zuständigen Behörden nach ordnungsgemäßer Prüfung des Sachverhalts entscheiden können, dass ein gemeldeter Verstoß eindeutig geringfügig ist und mit Ausnahme des Abschlusses des Verfahrens keine weiteren Folgemaßnahmen gemäß dieser Richtlinie erfordert. Dies berührt nicht andere Verpflichtungen oder andere geltende Verfahren zum Vorgehen gegen den gemeldeten Verstoß, oder den durch diese Richtlinie gewährten Schutz in Bezug auf interne oder externe Meldungen. In diesem Fall teilen die zuständigen Behörden dem Hinweisgeber ihre Entscheidung und die Gründe hierfür mit.

(4)   Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die zuständigen Behörden entscheiden können, Verfahren im Falle von wiederholten Meldungen abzuschließen, die im Vergleich zu einer vorangegangenen Meldung, für die die einschlägigen Verfahren abgeschlossen wurden, keine zweckdienlichen neuen Informationen über Verstöße beinhalten, es sei denn, neue rechtliche oder sachliche Umstände rechtfertigen ein anderes Vorgehen. In diesem Fall teilen die zuständigen Behörden dem Hinweisgeber ihre Entscheidung und die Gründe hierfür mit.

(5)   Für den Fall, dass sehr viele Meldungen eingehen, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zuständigen Behörden Meldungen von schwerwiegenden Verstößen oder von Verstößen gegen wesentliche in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallende Bestimmungen vorrangig behandeln können; dies gilt unbeschadet des Zeitrahmens gemäß Absatz 2 Buchstabe d.

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Behörden, die eine Meldung erhalten haben, aber nicht befugt sind, gegen den gemeldeten Verstoß vorzugehen, die Meldung innerhalb einer angemessenen Frist auf sichere Weise an die zuständige Behörde weiterleiten und den Hinweisgeber unverzüglich über die Weiterleitung in Kenntnis setzen.

Artikel 12 - Gestaltung externer Meldekanäle

(1)   Externe Meldekanäle gelten als unabhängig und autonom, wenn sie alle folgenden Kriterien erfüllen:

a) sie werden so gestaltet, eingerichtet und betrieben, dass die Vollständigkeit, Integrität und Vertraulichkeit der Informationen gewährleistet ist und nicht befugten Mitarbeitern der zuständigen Behörde der Zugriff darauf verwehrt wird;

b) sie ermöglichen die dauerhafte Speicherung von Informationen gemäß Artikel 18, um weitere Untersuchungen zu ermöglichen.

(2)   Die externen Meldekanäle müssen die Meldung in schriftlicher und mündlicher Form ermöglichen. Mündliche Meldungen müssen per Telefon oder mittels einer anderen Art der Sprachübermittlung sowie — auf Ersuchen des Hinweisgebers — im Wege einer physischen Zusammenkunft innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens möglich sein.

(3)   Die zuständigen Behörden stellen sicher, dass es den entgegennehmenden Mitarbeitern in Fällen, in denen eine Meldung die über andere Kanäle als die in den Absätzen 1 und 2 genannten Meldekanäle eingegangen ist oder von anderen als den für die Bearbeitung zuständigen Mitarbeitern entgegengenommen wurde, untersagt ist, Informationen offenzulegen, durch die die Identität des Hinweisgebers oder der betroffenen Person bekannt werden könnte, und dass diese die Meldung unverzüglich und unverändert an die für die Bearbeitung von Meldungen zuständigen Mitarbeiter weiterleiten.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden Mitarbeiter benennen, die für die Bearbeitung von Meldungen und insbesondere für Folgendes zuständig sind:

a) Übermittlung von Informationen über die Meldeverfahren an etwaige interessierte Personen;

b) Entgegennahme von Meldungen und Ergreifung entsprechender Folgemaßnahmen;

c) Aufrechterhaltung des Kontakts zum Hinweisgeber zwecks Erstattung von Rückmeldungen und erforderlichenfalls Anforderung weiterer Informationen.

(5)   Die in Absatz 4 genannten Mitarbeiter werden für die Bearbeitung von Meldungen speziell geschult.

Artikel 13 - Informationen über die Entgegennahme von Meldungen und die betreffenden Folgemaßnahmen

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden in einem gesonderten sowie leicht erkennbaren und zugänglichen Abschnitt ihrer Website mindestens folgende Informationen veröffentlichen:

a) die Bedingungen für den Schutz nach Maßgabe dieser Richtlinie;

b) die Kontaktdaten für die externen Meldekanäle gemäß Artikel 12, insbesondere die E-Mail-Adressen und Postanschriften sowie die Telefonnummern solcher Kanäle mit der Angabe, ob die Telefongespräche aufgezeichnet werden;

c) die geltenden Verfahrensvorschriften für die Meldung von Verstößen, insbesondere die Art und Weise, in der die zuständige Behörde den Hinweisgeber auffordern kann, die gemeldeten Informationen zu präzisieren oder zusätzliche Informationen zu liefern, der Zeitrahmen für die Rückmeldung sowie Art und Inhalt dieser Rückmeldung;

d) die geltende Vertraulichkeitsregelung für Meldungen und insbesondere die Informationen über die Verarbeitung personenbezogener Daten — je nach Anwendbarkeit — gemäß Artikel 17 dieser Richtlinie, Artikel 5 und 13 der Verordnung (EU) 2016/679, Artikel 13 der Richtlinie (EU) 2016/680 oder Artikel 15 der Verordnung (EU) 2018/1725;

e) die Art der zu eingehenden Meldungen zu ergreifenden Folgemaßnahmen;

f) die verfügbaren Abhilfemöglichkeiten und Verfahren für den Schutz vor Repressalien sowie Verfügbarkeit einer vertraulichen Beratung von Personen, die in Erwägung ziehen, eine Meldung zu erstatten;

g) eine Erläuterung, aus der eindeutig hervorgeht, unter welchen Umständen Personen, die eine Meldung an die zuständige Behörde richten, nicht wegen Verletzung der Geheimhaltungspflicht gemäß Artikel 21 Absatz 2 haftbar gemacht werden können; und

h) gegebenenfalls die Kontaktdaten des Informationszentrums oder der einzigen unabhängigen Verwaltungsbehörde gemäß Artikel 20 Absatz 3.

Artikel 14 - Überprüfung der Verfahren durch die zuständigen Behörden

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die zuständigen Behörden ihre Verfahren für die Entgegennahme von Meldungen und die Folgemaßnahmen dazu regelmäßig und mindestens alle drei Jahre überprüfen. Bei dieser Überprüfung tragen die zuständigen Behörden den Erfahrungen Rechnung, die sie und andere zuständige Behörden gesammelt haben, und passen ihre Verfahren entsprechend an.